Das Vikariehaus
Das Bild von einst zeigte das Vikariehaus in einem desolaten Zustand unter einer dünnen Schneedecke. Fast wie der Phönix aus der Asche mutet der Werdegang des ehemaligen Schul-, Vikarie- und Wohnhauses in exponierter Lage in Probbach an, dessen sanierte Fachwerkfassade in der goldenen Oktobersonne erstrahlt, während drinnen und im Hof noch ein Stück Arbeit auf den Arbeitskreis und die Gemeinde Mengerskirchen wartet. |
Das Gebäude kam im Jahr 2000 wieder in den Besitz der Gemeinde Mengerskirchen und wird mit tatkräftiger Unterstützung des im Mai 2003 gegründeten „Förderkreis Vikariehaus Probbach" beispielhaft saniert. Vor über 300 Jahren mit Spendengeldern der Probbacherin Anna Elisabeth Diehl errichtet (sie hatte ebenfalls den Bau einer Kapelle finanziert) wurde das „Pfarrhaus", eigentlich dem Wohnsitz dessen Stellvertreters vor Ort, dem Vikar (daher Vikariehaus) alsbald auch als Schulhaus genutzt. Das zu einem Schmuckstück gewordene Haus wurde durch eine Sanierung für die Zukunft erhalten anstatt der Spitzhacke geopfert zu werden. Seine Rettung verdankt es aufgeschlossenen Gemeindevätern wie auch der Heimat verbundenen und kulturhistorisch engagierten Bürgern und Vereinen, die sich zu einer beispielhaften Aktion zusammengetan haben. Um das Haus ranken sich Tatsachen und Legenden, die der pensionierte Rektor Rudi Horz aus der Schulchronik ausgegraben und im Heimatbuch anlässlich des im Jahr gefeierten Dorfjubiläums veröffentlicht hat.
Im Vikariehaus wurden in der 'Gemaa Stoo', die Lose für die Back- und für die Dreschreihenfolge gezogen und Holz versteigert. Die Sitzungen der Gemeindegremien des damals noch selbständigen Ortes Probbach fanden im ersten Stock statt. Der Gemeinderechner hatte sein Amtstube dort.
Für die Bibliothek konnten bereits mehr als 1000 Bücher, Hefte und Zeitschriften zusammengetragen werden, darunter eine Reihe hochinteressanter Bücher aus dem Nachlass von Alois Becker. Somit gibt es erstmals vor Ort eine zentrale und umfangreiche Schriftensammlung zur Heimatgeschichte. Ein Großteil des Gemeindearchivs soll ebenfalls im Vikariehaus untergebracht werden um sicherzustellen, dass die teilweise sehr alten und schon angegriffenen Bücher keinen weiteren Schaden erleiden. |
Chronik
1690 |
Bettellizenz aus Hadamar für Anna Elisabeth Diehl. Erfolgreiche Sammelaktion im In- und Ausland, so will es die Legende. |
1698 |
Bau einer Kirche (der Dreifaltigkeitskirche) und eines dazugehörigen Hauses für den Vikar. Zum Vikariehaus gab es außerdem noch zehn Morgen (2,5 ha ) Land zum Unterhalt des Pfarrers. Weiterhin erhielt Probbach direkt als Angrenzung zur Kirche seinen ersten eigenen Friedhof. |
1697 oder 1699 |
Karmeliter Pater Bruno a. S. Cunegunde aus Frankfurt tritt seinen Dienst im Dorf an. Er wurde 1649 in Geldern unter dem Namen Theodor Verhagen geboren, das liegt nördlich von Duisburg nahe zur heutigen holländischen Grenze bei Venlo. 1669 erhielt er seine Profess. Einige Jahre zuvor tritt er in den Karmeliterorden ein. 1672 wird er in Köln zum Diakon und ein Jahr später zum Priester geweiht. Nach vielen unterschiedlichen Orten seines Wirkens kommt er 1689 nach Frankfurt a.M. Ab 1699 gibt es durch ihn erstmals geregelten Schulunterricht in Probbach. Leider verstirbt er am 28.12.1709 nach langer Krankheit. Am Tage des heiligen Silvesters (31.12.1709) wird er durch Weinandus Lommersheim, dem amtierenden Mengerskirchener Pfarrer, in der Dreifaltigkeitskirche zu Probbach beerdigt. |
1713 |
Ein Kaplan Susewand wird in Probbach genannt. Er unterrichtet nicht. Man kann jedoch davon ausgehen ,das dieser Kaplan als Nachfolger von Karmeliter Pater Bruno im Vikariehaus gewohnt hat. (Quelle: Probbach – unser Dorf) |
1715 |
Wird ein Kaplan Kaiser aus Niederbrechen im Zusammenhang mit Probbach genannt. Er wurde von Fürst Christian von Dillenburg eingestellt, um in Probbach von 1722 bis 1729 eine Kirchenspielschule zu unterhalten. Es ist daher auch davon auszugehen, dass in diesem Zeitraum das Vikariehaus Kaplan Kaiser als Wohnhaus diente. (Quelle: Probbach – unser Dorf) |
1735 |
Gottfried Schultheis wird Pfarrer in Mengerskirchen. "Ihm machten die Filialisten zu Probbach und Dillhausen und der Vikarius Autsch......das Pfarramt in Dillhausen streitig. Sie mähten das Gras ab, scheuerten die Früchte für den Winter ein. Die Vikarie zu Probbach und Dillhausen, welche seit dem Jahre 1631 den Dienst für den Pfarrer versahen, gaben oft Veranlassung zu Reibereien." (Quelle: Pfarrchronik Mengerskirchen) |
1736 |
"Aber entschied die fürstliche Regierung, dass der Pfarrer nicht mehr gestört werden dürfe und im Besitze der Dillhäuser Pfarrgüter...... die Vikarie zu Probbach kämpften stets gegen den Pfarrer, was im Jahre 1791 die Verwandlung der Vikarie in eine Kaplanei zur Folge hatte." (Quelle: Pfarrchronik Mengerskirchen) |
1747 |
"Reparaturarbeiten am Vikariehaus sind notwendig. Es geht (wie auch heute wieder) um Schadensfeststellung und Kosten." (Quelle: Probbach – unser Dorf) |
1776 |
"Der Pfarrvikar in Probbach unterhielt 2 Kühe und 2 Rinder." |
1786 |
Es scheint zu einer Einigung wegen der Reparaturarbeiten gekommen zu sein. |
1788 |
Streit um Pfarrgüter! Deshalb wird die Vikarie Probbach-Dillhausen in eine Kaplanei umgewandelt. |
1790 |
Der Lehrer Heinrich aus Ardorf erhält (laut Schulchronik) das Vikariehaus bis 1805 zur Wohnung. Bis 1810 findet der Schulunterricht weiterhin nur im Winter statt, dazu noch im Backhaus, das einen größeren Raum besaß. |
1805 |
Schullehrer Heep übernimmt Schüler und Wohnung. |
1810 |
Auf Ánforderung von Dillhausen erhielt ein neuer Lehrer die Stelle in Probbach als Nachfolger. Jedoch nicht nur Winter, sondern auch Sommerschule. Dies blieb bis 1817 so. Auch dieser wird seine Wohnung im Vikariehaus gehabt haben. (Quelle: Probbach – unser Dorf) |
1827 |
Warum der „große Raum“ am Backhaus nicht mehr als Schulzimmer genutzt werden konnte, ist nicht bekannt. Lehrer Horn, von 1827 – 1832 Schullehrer in Probbach, vermerkte: „Als Wohnraum und Lehrzimmer dient jetzt das Vikariehaus, das mitten im Dorf steht. Das Lehrerzimmer ist zu klein und fasst kaum die halbe Schülerzahl.“ So musste Schichtunterricht abgehalten werden. (Quelle: Probbach – unser Dorf) |
1828 |
berichtet der Lehrer von seinem Wohnhaus, dem Vikariehaus, dass das 130 Jahre alte Schieferdach durch ein „ziemlich dauerhaftes Strohdach“ ersetzt werden muss. Dies hielt bis 1848 !!! Auch erhielten die Wände einen weißen Anstrich und der Flur wurde mit Sandsteinplatten belegt. |
1848 |
Das Strohdach muss neu gedeckt werden! |
1855 |
Ab 1. November wohnten die Kapläne, die den Gottesdienst in Probbach Dillhausen versahen, im Vikariehaus Probbach. (Quelle: Probbach – unser Dorf) |
1864 |
Über Jahrzehnte hinweg findet man in der Schulchronik den Hinweis, dass der Schulsaal für 90 bis 100 Schüler viel zu klein sei. Die Inspektion des Regierungsrates hat den Anlass gegeben, dass eine neue Schule projektiert wurde. Der Bau sollte so schnell wie möglich ausgeführt werden. Kostenvoranschlag: 3265 Taler! |
1869 |
Nach dem Baubeginn der neuen Schule 1867, wurde diese am 10. Januar 1869 eingeweiht. Die Lehrerwohnung im Vikariehaus wurde weiterhin von den Lehrern bis 1908 bewohnt. |
1889 |
Probbach und Dillhausen werden wieder Pfarrvikarie. |
1901 |
Lehrer Diehl wird nach Probbach versetzt und blieb bis 1907. Er war der letzte Lehrer, der im Vikariehaus wohnte. |
1903 |
Am 23. Februar wurde der Bau eines neuen Schulgebäudes und der Umbau des alten Schulsaales in eine Lehrerwohnung vergeben. Nach Baubeginn wurde der vorgesehene Termin (1. Nov.) nicht eingehalten. Die neue Lehrerwohnung wurde erst am 1. Mai 1904 bezugsfertig. Während dieser Zeit musste das Vikariehaus nochmals als Schulhaus aushelfen. (Quelle: Probbach – unser Dorf) |
1904 |
Die kleine Wohnung im ersten Stock bewohnte Emil Stamm mit seiner Ehefrau bis 1943. |
1908 |
Die Gemeinde vermietete nach dem Auszug des letzten dort wohnenden Lehrers, und Umbaumaßnahmen (Quelle: Bauschein Nr. 6: Der königliche Landrat, Weilburg, den |
1943 |
Als Nachfolger der Familie Stamm zog Familie Werner aus Frankfurt (Christa und Willi) in die kleine Wohnung im ersten Stock ein. Die Familie blieb dort bis Kriegsende (1948). |
1944 |
Die Familie Scheiber aus dem Sudetenland mietete die kleine Wohnung im ersten Stock, wo sie bis 1970 blieb. |
1946 |
Für kurze Zeit wird der frühere Schulsaal, den die Gemeinde für Sitzungen, Versammlungen und Holzversteigerungen nutzte, an eine Familie Heiml aus dem Sudetenland vermietet. Die kleine Wohnung wurde nach Familie Werner von Johann Scheiber und Familie bis 1970 bewohnt. |
1949 |
Sabine Sturm und Tochter Lisa Blum (Riddersch) mietete die große Wohnung. Sie übernahm die Reinigung des Gemeindezimmers (Gemaa-Stoo genannt) und bediente die Straßenbeleuchtung des Ortes. Sie wohnte im Vikariehaus bis 1971. |
1971 |
Nach Elise Blum wohnte in der Wohnung Leopold Sedlacek bis zu seinem Tode (22.1.1978). |
1976 |
Bis 1976 wurde der Saal von der Gemeinde genutzt. Danach hat eine Gruppe Jugendlicher das Haus etwas renoviert und bis 1983 als Jugendräume genutzt. (Werkstatt, Küche, usw.) Die "Kosmos-Band" bestehend aus Harald Streubel, Gerd Schermuly, Christoph Horz und Karl Weimar nutzten ebenfalls die Räumlichkeiten in dieser Zeit. Dann ging das Haus in Privatbesitz über. |
1983 |
Die Gemeinde Verkaufte das Vikariehaus an Frau Gehring aus Wiesbaden, die das Haus durch eine Versteigerung erwarb. |
2000 |
Rückkauf durch die Gemeinde
Mengerskirchen für 18.242 DM. |
>>>weitere Informationen gibt es auf einer privaten Internetseite<<<