Zusammenfassung des Urkundeninhalts aus dem Jahre 1296
In einer Schenkungsurkunde vom 23. Juni 1296 bestimmt der Ritter und
Burgmann von Merenberg, Lenfrid, genannt Wollensleger, dass in der von ihm zu
Ehren der heiligen Jungfrau Maria gestifteten neuen Kapelle zu Merenberg zwei
Priester von einwandfreiem Lebenswandel angestellt sein sollen, deren
Lebensunterhalt aus seinem Vermögen sichergestellt ist.
Ihr Aufgabenbereich mit den damit verbundenen Auflagen wird vom Stifter
präzisiert und von diesem zum Patron der Kapelle der jeweilige Herr von
Merenberg mit Erwähnung seiner an eine Bedingung geknüpften Funktion bestimmt.
Außer der Ausgangsstiftung bei Gründung der Kapelle vermacht der Ritter
Lenfrid zu dem vorgenannten Zweck noch zusätzlich seine Höfe zu Merenberg,
Heymau (=Löhnberg) und Derenbach (=Waldernbach) mit den zu diesen gehörenden
Beständen und den übrigen damit verbundenen Rechten.
Außerdem überlässt Lenfrid für die Beleuchtung und andere der Ausschmückung
dieser Kapelle dienenden Gegenstände eine Reihe genau aufgeführter Erträge
und Zinsen, die von namentlich genannten Leuten aus bestimmten, heutzutage
meistens ausgegangenen Siedlungen zu entrichten sind.
Zur Gewährleistung einer zuverlässigen Verwendung dieser
zweckgebundenen Einkünfte und Zinsen soll der Herr von Merenberg zwei ehrbare Bürger
dort selbst aussuchen, die diese einsammeln und ihrer gewünschten Verwendung
zuführen sollen.
Eine weitere Bestimmung des Testators betrifft die Übertragung seines
Hofes zu Hintermeilingen in das rechtmäßige Eigentum und den Besitz der
Kapelle, und zwar in Verbindung mit der Anordnung, dass die Erträge dieses
Hofes von den beiden bereits für die Beschaffung des Inventars der Kapelle zuständigen
Bürgern eingesammelt, aufbewahrt und jeweils am Jahresgedächtnistag für den
Ritter Lenfrid als Brotspende gleichmäßig unter die Armen verteilt werden.
Es erfolgt im weiteren Wortlaut des Textes die namentliche Erwähnung der
Testamentvollstrecker mit der Zuweisung ihrer Aufgabe sowie eine daran anschließende
Bemerkung über die Qualität des Testamentes.
Eine namentliche Aufführung der Testamentszeugen, die Angabe der
Siegelaussteller und die Datierung der Urkunde beschließen das Dokument.
Aus der Vor- und Frühgeschichte
Der erste Fund aus der Waldernbacher Gemarkung stammt aus der
Jungsteinzeit (etwa 4500-1800 v. Chr.). Im Jahre 1953 wurde von einem Schüler
des St. Josefshauses (heute Hildegardishof) bei Waldernbach im Distrikt 9 des
Gemeindewaldes Rühlscheid ein durchbohrter Steinhammer gefunden. Zuerst fand er
beim Spiel im Wald ein Stück des Hammers und zeigte es seinem Geschichtslehrer,
der den Jungen aufmunterte, nach dem fehlenden Stück zu suchen. In einem
Steinhaufen lag das passende Stück des Hammers. Als Rektor Händler nach Auflösung
der Schule Waldernbach verließ, übergab er den Fund Herrn Hubert Heß, der ihn
10 Jahre in seinem Hause aufbewahrte. Dieser überließ mir den Hammer, damit
ich ihn im Jahre 1963 dem Heimatmuseum in Weilburg überbringen konnte.
Der damalige Leiter des Museums Weilburg, Heymann, erklärte, dass das
Fundstück für die archäologische Forschung im Oberlahnkreis insofern einen
besonderen Wert habe, als es seines Wissens bis dahin den ersten
jungsteinzeitlichen Bodenfund im Knotengebiet darstelle.
Der Hammer ist in der Mittellinie 15 cm lang, an der breitesten Stelle
(quer über dem Bohrloch) 8 cm breit und durchschnittlich 6 cm hoch. Auf der gewölbten
Oberseite zeigt er zwischen Bohrloch und Schneide einen bis auf 7 cm Höhe
ansteigenden Buckel. Die Unterseite ist vollkommen flach. Aus der Schneide und
der rechten Seite ist ein Stück des Gesteins herausgebrochen. An der durch die
Bohrung geschwächten Stelle ist der Hammer in zwei Teile zerbrochen. Dadurch
wird sichtbar, dass der Stein von beiden Seiten, oben und unten, angebohrt
wurde; denn das Bohrloch ist auf beiden Seiten konisch und verengt sich erst im
Innern (3,5 cm lang) auf den normalen und gleichmäßigen Durchmesser von 2,5
cm.
Die Gesteinsart, aus welcher der Hammer hergestellt ist, scheint ein
Basalttuff zu sein, der sich vorzugsweise an den Abhängen der Basaltberge und
in den Niederungen findet (Wenkenbach, Bergrevier Weilburg, S. 58) oder
Palagonittuff, der am Beselich (zwischen Ober- und Niedertiefenbach) ansteht. Er
lässt sich leicht behauen. Eine Nachprüfung durch den Fachmann sei
erforderlich, meinte Karl Heymann. Eine solche Steinhammer könnte teils zur
Bearbeitung von Holz, teils auch als Waffe gedient haben. Derartige
Steinwerkzeuge finden sich vor allem im Verbreitungsgebiet der Siedlungsstellen.
Ihre Streuung darüber hinaus spricht aber für gelegentliches Begehen einer
nicht besiedelten Gegend, vielleicht im Zusammenhang mit Jagd oder Handel.
Herr Karl Heymann äußerte, dass es schwer sei, einen derartigen Einzel-
oder Streufund aufgrund der Typologie einem bestimmten Kulturkreis zuzuordnen;
er glaubte, ihn der jüngeren Zeit der "Bandkeramik" zurechnen zu dürfen.
Die Bezeichnung Bandkeramik rührt her von den bandartigen Verzierungen der
Tongefäße.
Die sesshaft gewordene Bauernbevölkerung der Bandkeramiker baute große
Holzhäuser mit lehmverputzten Wänden aus Flechtwerk. Neben Einzelhöfen finden
sich auch große Gruppensiedlungen.
Der zweite Bodenfund in Waldernbach ist ein keramisches
Vorratsgefäß
aus der Hallstattzeit, ca. 500 v. Chr. Die Scherben wurden im September 1985 in
Waldernbach von Herrn Gerhard Rupp in seiner Neubaugrube im Veilchenweg 1
gefunden. Sie lagen in einer Siedlungsgrube (kein Grab) von ca. 3 m Länge und
1,20 m Tiefe.
Im Landratsamt für Denkmalpflege in Wiesbaden wurden die Bruchstücke zu
einem Topf von 80 cm Höhe und 36 cm Randdurchmesser mit einer Tupfenleiste etwa
10 cm unter dem Rand zusammengesetzt. Es fehlten nur der Boden und einige wenige
Teile, sodass der Topf zu 85% original ist. Wegen des kleinen Bodens ist das Gefäß
nicht standsicher und war deshalb zum Teil in die Erde eingelassen.
Es befindet sich in der Schausammlung des
Turmmuseums
im Schloss Mengerskirchen. Der Latänezeit (etwa ab 500 v. Chr.) werden
zahlreiche Ackerraine im "Kohlhau" (Gemarkung Waldernbach) zugeordnet.
Sie liegen im Distrikt 101/102 und ebenso in der angrenzenden Fussinger
Gemarkung. Funde einfacher Wohnpodien und Ackerraine am "Seeköppel",
am "Knoten" und auf dem "Hansenberg" sind ebenfalls als
Siedlungsreste anzusehen.
Am oberen steilen Hang des "Seeköppels" liegen runde Podien,
einige rechteckige Hausgrundrisse und Mauerreste. Die Podien sind teilweise
durch Steinwälle abgegrenzt. Die am unteren Hang liegenden Ackerraine sind
durch steinige Erdböschungen, teilweise mit regelrecht gesetzten Trockenmauern,
terrassenförmig ausgebildet. Die Breite der Ackerfläche beträgt zwischen 8
und 18 m. Wegen fehlender Funde sind diese Anlagen zeitlich nicht genau
bestimmbar.
Dem Schutz der Bevölkerung dieser frühen Siedlungen dienten die
Wallanlagen "Rentmauer"
auf dem Hansenberg zwischen Arborn und Mengerskirchen, der
Almerskopf bei
Barig-Selbenhausen und die Höhburg bei Merenberg. Dass die Dornburg bei
Frickhofen ein keltischer Ringwall war, ist durch Funde eindeutig belegt.
Die Kelten kannten bereits eine ständische Gliederung: Bürger, Bauern,
Handwerker und Kaufleute. Sie trieben vor allem Ackerbau und beherrschten auf
hoher Kulturstufe die Glas- und Metallverarbeitung.
Schon um 300 vor Christus drangen Germanen von Skandinavien und
Norddeutschland her bis in den Westerwald, die Eifel und den Taunus vor. Die
Kelten wurden vertrieben. Es folgten Jahre kriegerischer Auseinandersetzungen
zwischen germanischen Volksstämmen. Nach der Eroberung Galliens und nach dem
Sieg des Merowingerkönigs Chlodwig über die Alemannen im Jahre 496 gehörte
unser Gebiet zur Frankenherrschaft.
Die Anfänge des Dorfes Waldernbach
Bei der Wahl der Siedlungsplätze waren folgende Kriterien von Bedeutung:
Wassernähe, ebenes bis schwach abfallendes Gelände und gut zu bearbeitender, möglichst
fruchtbarer Boden. Diese Voraussetzungen waren dort gegeben, wo der Dernbach
(volkstümlich Klingelbach) durch eine flache Mulde floss, die von 400 bis 450 m
hohen Erhebungen schützend umgeben wurde.
Wenn Waldernbach auch erst 1296 erstmals in einer Urkunde genannt wird,
so dürfen wir seine Anfänge schon mehrere Jahrhunderte vorher vermuten. Von
einer Hofsiedlung an einem waldfreien Platz ist es allmählich zu einem kleinen
Dorf angewachsen. Man darf sich diese Anfänge nicht so stattlich vorstellen.
Der erste - noch merowingische - Haustyp war das Einraum- oder Wohnstallhaus,
bei dem das Dach auf Pfosten oder Ständern ruhte. Die Wände zwischen den
Pfosten und Ständern bestanden aus Flechtwerk und wurden mit Lehm abgedichtet.
Dazu kam ein offener Bau zur Aufbewahrung des Getreides und ein überdachter
offener Stall im Weideland, in dem das Vieh Schutz fand, aber auch Heu und Stroh
gelagert werden konnten. Später gruppierten sich um das Wohnhaus eine Anzahl
selbstständiger Wirtschaftsgebäude. Zum Schutz vor Diebesbanden und wilden
Tieren war das ganze Gehöft oder später die Gehöftgruppe mit einem
Palisadenzaun oder einer Hecke umgeben.
Nicht nur Bodenfunde, auch die Ortsnamen ermöglichen eine Bestimmung der
Entstehungszeit. So werden die Orte mit "-bach", "-dorf" ,
"-hausen", "-au(e)" etwa einer dritten Schicht von Ortsnamen
zugeordnet, die zu einem schon im 6. Jahrhundert verstärkt einsetzenden
Siedlungsausbau gehört.
Damit könnte man die Anfänge des Dorfes in der
Merowingisch-Karolingischen Rodungsperiode (500-900 vor Chr.) vermuten.
Der Name Waldernbach
In der sechs Seiten umfassenden Ortschronik von Waldernbach aus dem Jahre
1910 wird folgende Deutung des Namens Waldernbach festgehalten, und diese ist
den Schülern in der Vergangenheit im Unterricht vorgetragen worden: Nach einer
alten Aufzeichnung will man den Namen herleiten von Wald-Dörn-Bach. Dass hier
große Waldungen waren, ist sicher erwiesen, und sie sind ja zum Teil jetzt noch
erhalten. Auch ein Bach schlängelt sich durch unser Dorf, der den Namen
Klingelbach führt. Ebenso wussten alte Leute zu berichten, dass die Umgebung
des Dorfes sehr reichlich mit "Dörnern" bewachsen war, so die
Trieschern und mehrere Gärten um das Dorf. Neben dieser schlichten Deutung
existiert eine zweite, sprachwissenschaftliche Erklärung von Dr. Hellmuth
Gensicke: Außer den Namensformen Dernbach, Derenbach, Derembach finden wir in
den Urkunden auch die Namensformen Degrembach und Degerembach.
Mit dem voralthochdeutschen tegar (deger = "groß, geräumig"),
dem mittelhochdeutschen tiger ("völlig, gänzlich") ist es der Name
eines starken und wilden Baches. Zahlreiche Orte haben diesen Namen übernommen,
sodass je nach Lage in Gau oder Wald Gaudernbach und Waldernbach gebildet
wurden.
Aus der Territorialgeschichte - Ein Überblick
.
Wenn
man die territoriale Zugehörigkeit eines Landstriches mit allem Wechsel,
Verleihen, Verpfänden, Verkaufen und Vertauschen über Jahrhunderte verfolgt,
scheint das alles recht kompliziert, fast verwirrend.
Dennoch ist die Kenntnis dieser Vorgänge nicht unbedeutend. Hellmuth Gensicke
gibt eine Begründung:
"Territorialgeschichte wirkt durchaus unmittelbar in unsre Gegenwart
hinein, und man sollte schon etwas von ihr wissen, auch von der gleichgültigen
Banalität jener Vorgänge, die in ihren Folgewirkungen so tief in menschliche
Schicksale eingreifen."
Die Geschichte Waldernbachs ist identisch mit der des Kirchspiels Lahr in der
Herrschaft Ellar. Nur während seiner Zugehörigkeit zum Oberlahnkreis ergab
sich für Waldernbach vorübergehend eine Sonderentwicklung (1886-1974). In
seinem Buch "Im Schatten der Burg Ellar" hat Walter Rudersdorf die
Territorialgeschichte der Herrschaft Ellar ausführlich beschrieben. Für unsere
geschichtliche Orientierung mag ein Überblick genügen, für den die
wichtigsten Daten dem o.g. Werk von Walter Rudersdorf entnommen wurden.
Zunächst war unser Landstrich ein Teil des Niederlahngaues, der von einem
Gaugrafen regiert wurde. Der Niederlahngau reichte von der Lahn bis an die
Nister. Der Gaugraf Gebhard war der Stammvater der Konradiner, die den ersten
deutschen König stellten. Der letzte Gaugraf war zugleich der erste Graf von
Diez: Embricho (1059-1062). So gehörte Waldernbach von der Mitte des 11.
Jahrhunderts an zur Grafschaft Diez und zum Kirchspielgericht der Zent Lahr. Die
Diezer Grafen bauten vermutlich im 12. Jahrhundert wohl im Auftrag des Deutschen
Reiches die Burg Ellar zum Schutz zweier alter Fernstraßen. Die Burg und die
Vier Zenten Lahr, Frickhofen, Niederzeuzheim und Elsoff stellten den Kern eines
vorgeschichtlichen Siedlungsgaus dar. Sie waren unmittelbares Lehen des
Deutschen Reiches, was Kaiser Karl IV 1368 urkundlich bestätigte.
Mit Burg und Tal (Ort) Ellar verpfändeten die Grafen von Diez 1337 die Vier
Zenten an die Grafen von Nassau-Hadamar. Nach vorübergehender Einlösung kamen
die Vier Zenten schon 1367 als Heiratsgut an die Grafen von Katzenelnbogen. Ab
1408 teilten sich Katzenelnbogen und Nassau-Dillenburg den Besitz und die
Verwaltung der Vier Zenten. Nach Aussterben der Katzenelnbogener Linie 1479 übernahm
deren Anteil der Landgraf von Hessen-Marburg, der ab 1534 die Hälfte seines
Teils an den Erzbischof von Trier verkaufte. So war Waldernbach schließlich
dreiherrisch (Nassau, Hessen, Trier). Im Frankfurter Vertrag von 1557 erhielt
Nassau-Dillenburg auch den hessischen Teil. Mit Amt und Herrschaft Ellar wurde
auch Waldernbach 1607 der Grafschaft Nassau-Hadamar zugeteilt. 1711 starb die
Hadamarer Linie mit Fürst Alexander aus. Nach der Landesteilung kam Waldernbach
mit dem Kirchspiel Lahr, Frickhofen und Mengerskirchen an Nassau-Dillenburg.
Seit 1717 war es mit dem Rest des Amtes Ellar dem Amt Mengerskirchen zugeteilt
und danach von 1727 bis 1744 ganz mit diesem vereinigt (Kombiniertes Amt
Mengerskirchen-Ellar). Landesherren waren seit 1739 Nassau-Oranien, kurze Zeit
(1742-1743) nochmals Nassau-Siegen und danach Nassau Oranien. Von 1744-1775
unterstellte die nassau-oranische Landesregierung das Kirchspiel Lahr mit
Waldernbach, wie alle ehemaligen hadamarischen Gebiete, dem Amtskollegium von
drei Amtsleuten in Hadamar. 1775 waren die drei Kirchspiele wieder dem "Amt
Mengerskirchen" zugewiesen (Amtssitz in Mengerskirchen). Ab 1790 bildeten
nach erneuter Trennung die Kirchspiele Lahr und Frickhofen das neue Amt Ellar.
Mit diesem war Waldernbach unter Napoleon 1806-1813 im Großherzogtum Berg und
danach 1813 erneut Nassau-Oranien zugeteilt. Unter französischer Herrschaft gehörte
das Kirchspiel Lahr als "Mairie Lahr" zum Canton Hadamar, dieses
wieder zum Arrondissement Dillenburg, ein Teil des Departements Sieg im Großherzogtum
Berg.
Mit anderen oranischen Landesteilen kam auch das Amt Ellar durch Tausch am
31.5.1815 an Preußen und am gleichen Tag zum Herzogtum Nassau, dem Waldernbach
bis 1866 zugehörte. Am 1. Juli 1816 kam Waldernbach mit dem aufgelösten Amt
Ellar zum Amt Hadamar und mit diesem 1866 an Preußen. 1867 wurde die preußische
Provinz Hessen-Nassau gebildet mit den Regierungsbezirken Wiesbaden und Kassel.
Die ehemals nassauischen Ämter Hadamar, Weilburg und Runkel wurden zum
Oberlahnkreis vereinigt. Als 1886 der "Kreis Limburg a.d. Lahn"
eingerichtet wurde, kam das ehemalige Amt Hadamar zum Kreis Limburg. Waldernbach
und Niedertiefenbach aber wurden abgetrennt und dem neugebildeten Oberlahnkreis
zugeordnet. 1945 kam der Oberlahnkreis zur amerikanischen Besatzungszone und
damit 1946 zum neu entstandenen Land Hessen.
Im Rahmen der Gebietsreform kam es am l. Juli 1974 zum Zusammenschluss der
Kreise Oberlahn und Limburg zum neuen Kreis Limburg-Weilburg, nachdem
Waldernbach ab 1. Januar 1971 Ortsteil der Großgemeinde Mengerskirchen geworden
war.
Das Dorf und seine Bewohner um 1600
Salbuch
anno 1612
Im Auftrag des Grafen Johann Ludwig von Nassau-Hadamar erstellte der
Landschultheiß Adam Mey zu Ellar am 19. Mai 1612 für das Kirchspiel Lahr ein
Salbuch. Dieses enthält eine "Waldernbacher Rubrik" mit einem
Verzeichnis aller Rechte, Güter, Zinsen, Zahlungen und Gefälle.
Mit diesem Dokument und dem Schatzungsregister des Kirchspiels Lahr 1616
erhalten wir einen interessanten Einblick in das Leben der Bewohner von
Waldernbach aus der Zeit kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg.
Außer der Auflistung von Abgaben in Naturalien oder in Geld werden auch
wichtige Einrichtungen beschrieben:
Mannschaften und Landtsnahrungen
"Seint 34 Mannschaften (Familien) starck, ernehren sich mit Ackerbau
und sonsten der handarbeit."
Capell Haben ein Filial, die sie in bauung halten müßen, welche ein
Pastor zue Lahr bedient, alda zue Lahr haben sie die Hauptkirch."
Capellgüter
"Sie wißen von keinen güetern, die die Capell habe."
Pastor
Sie haben Ihren Pastor zu Lahr." "
Schulmeister
"Den Schulmeister, der Ihnen die Kinder "instituieren"
soll, haben sie zu Lahr. Dahin sie Ihre Kinder in die Schuhl schicken."
Undergericht (Kirchspielgericht)
"Haben sie zue Ellar." (Der Ellarer Schultheiß mit drei
Gerichtsschöffen erledigte alle kleineren Sachen wie Grenzstreitigkeiten,
Kaufverträge, Erbschaften und Personalien.)
Oberhof Appelation und Criminal
"Den Oberhof und Appelation haben sie uffem Hauß Hadamar. Die Mißtätigen
gehören ans Halßgericht bei kurzen nebel." (Das Landgericht für alle 21
Ortschaften des Amtes Ellar war das Landgericht St. Maximinus zu Ellar.)
Mühle
„Auf der Schwanzmühlen haben sie ihr Mahlwerk (untere Hüttenmühle)."
Hochgewältt
"Die Wältt (Wald) welche in ihrer Gemarck liegen, halten sie für
Ihre eigene Wäldt."
Weiden und Viehtriften
"So weit sich ihre Gemarkung erstreckt, haben sie Weiden."
Eigene Herrngüeter
"Unser Gnediger Herr hab ein Hoff daselbsten, welchen die von
Waldtmannshausen von gn. G. zue Lehen tragen."
Adelige und andere Güter
"Adelige und andere Herren Güter findet man im Register der
Hadamarer Kellnerei von 1599."
Abgaben in verwirrender Fülle:
Zehnten
"Den Zehnten hat Graf Wilhelm zu Wied ebenso der Frei von Dehrn, der
von Reiffenberg, der Schütz von Holtzhausen und dann der von Mudersbach."
Leibeigenschaft und Beed
"Mit der Leibeigenschaft gehören sie zum Haus Hadamar. Jeder
Leibeigener gibt als Beed 2 oder 3 Albus. Daneben ein Huhn und ein Greben Haas.
Es gibt auch ein jeder Nachbar (Vollbauer) `gehn Weylburgh ins Hauß' einen
Weidt-Haas, und sechs Mannschaften werden genannt, von denen jede drei Albus
gibt: Bestges Hanß, Bestges Cuntz, Streuben Peter, Rulmans Jost, Peter Schmidt
und Diemacs Peter."
Einzugsrecht
"Jeder `Einzüger' soll der Gemeinde 5 Gulden bezahlen und daneben
wird ihm befohlen, zum Einzug einen ledernen Eimer zu haben, wie auch ein jeder
anderer Nachbar."
Dienstgeld
"Von einem Pferd erhält das Haus Hadamar übers Jahr 1 Thaler. Ein
Hepener aber gibt nur 12 Albus." (Heppenbauern hatten keine Pferde und
waren nicht gespannpflichtig, sondern nur handdienstpflichtig.)
1450 schlossen Katzenelnbogen und Nassau-Dillenburg mit den Untertanen in
den Vier Zenten einen Vertrag, nach dem diese nun nicht mehr Mist zu fahren,
Getreide zu mähen, die Ernte einzufahren und zu dreschen hatten, sondern den
Herren nur noch Gras zu mähen, das Heu zu machen und einzufahren brauchten. Mit
den Wein- und Holzfuhren sollte es wie bis dahin gehalten werden. Für diese
Vergünstigung mussten nun die Einwohner der vier Centen dem Grafen von je drei
Pferden, mit denen sie ackerten, zwei Achtel Korn und zwei Achtel Hafer geben.
Von den armen Leuten, die keine Pferde halten konnten, erwartete man 1einen
Simmer Korn und einen Simmer Hafer. Wer aber vier Morgen verpachtet hatte, wurde
behandelt wie der Besitzer von drei Pferden. Das Korn hatte der Heimberger
(Herrschaftsbürgermeister) zu Maria Himmelfahrt und den Hafer zum Michaelstag
an die beiden Keller in Ellar zu liefern.
Um 1600 wurden die Frohnden in den vier Centen abgelöst.
Im 15. und 16. Jahrhundert wurde es allgemein üblich, die ungemessenen
Dienste in Geldabgaben umzuwandeln.
Um das Ausmaß der Abgaben deutlich zu machen, sollen alle im Salbuch von
1612 angegebenen Steuerarten angeführt werden:
Kuhgeld (später Maibutter), Nachtzedel, Hahlgeld
(18 Gulden pro Jahr)
Zehendt Pfennig (beim Auszug eines Einwohners)
Weinaccies (indirekte Ausgabe auf den Ausschank von
Wein, der aus der herrschaftlichen Kellerei bezogen werden musste)
Bieraccies (entfällt für Waldernbach)
Hafergefälle 5 1/2 Malter Greben Maß (geringer als
Diezer Hafermaß)
Hahlhafer, Freifutterhafer
Schatzung (Grund- und Vermögenssteuer zu zwei Terminen im Jahr, 62
Gulden)
Bußen oder Wetten (Strafgelder)
Mändell Eyer (drei Eier jährlich von jedem Nachbarn)
Besthaupt (Besondere Abgabe der Leibeigenen)
Besthaupt
(Besondere Abgabe der Leibeigenen)
Starb ein Leibeigener, war ursprünglich das beste Stück im Stall an den
Herrn fällig. Später war dann der Preis dafür zu zahlen, meist zwischen 1 und
3 fl. (Gulden).
Bastartsgefälle (war zu entrichten, wenn Freie und
Leibeigene untereinander heirateten)
Loß- und Geburtsbriefe (liefern Einnahmen aus
Gebühren)
Rüdengeld (von jeder Schäferei ein Reichsthaler oder
einen tüchtigen Rüden)
Weidhammel (die Gemeinde betreibt die Schäferei. Die
Schäfermeister liefern dem Landesherren bei 100 Schafen zwei Weidhämmel)
Zins oder Gülten (Vogtkorn: Es sind drei Malter und drei
Sester Vogtmaß zu liefern, daneben 1/2 Malter Hafer und 1/2 Bazen an Geld)
Aerarium Jeder Nachbar, der nicht im Auszug ist, gibt
sechs Albus. Auch der Schwanzmüller von der unteren Hüttenmühle muss sechs
Albus bezahlen.
Jägerrecht Der Müller gibt dem Jäger sechs Albus und
ein jeder Nachbar zwei Brote.
Landknechtsrecht Jeder Nachbar gibt dem Landknecht
(Polizeidiener) ein Brot.
Im einzelnen mögen die Abgaben der Bauern gering erscheinen; in ihrer
Gesamtheit waren sie von erdrückender Fülle.
Der Dreißigjährige Krieg
Mit dem Beginn des großen Krieges im Jahre 1618 kam unsere Heimat bald
mit Beschwernissen und Nöten in Berührung. Da die nassauischen Grafen als
Reformierte gegen den katholischen Kaiser standen, wurden ihre Länder von den
kaiserlichen Kriegsvölkern besonders heimgesucht. Zum Schutz des Landes
richtete Graf Johann Ludwig 1619 den Landesausschuss ein und begann mit der
Ausbildung der jungen Leute. Der Ausschuss wurde durch die Sturmglocke oder
durch Losungsschüsse zusammengerufen. Die Milizsoldaten, mit je einem halben
Pfund Pulver und einem Dutzend Kugeln ausgerüstet, stellten allerdings keine
schlagfertige Armee dar. Durch persönlichen Einsatz, Überredung und Geschenke
versuchte Johann Ludwig sein Land vor Truppendurchzügen zu bewahren. Dennoch
zog ein Korps Bayern durch seine Grafschaft. Die Söldner plünderten die Häuser
und raubten, was sie fanden. Gleichzeitig musste die Grafschaft Hadamar an in
Wetzlar liegende spanische Soldaten Heu, Stroh und Hafer liefern, damit die Bevölkerung
nach einem kostspieligen Vertrag vor Einquartierung bewahrt wurde. Nach einer
Missernte forderte 1622/23 der kaiserliche Feldherr Tilly Quartier. Trotz Bitten
des Grafen wurden zwei Kompanien des holsteinischen Regiments ins Hadamarische
verlegt, die das Land aussaugten. Wöchentlich mussten bezahlt werden: 200 Rthlr.
dem Obristen, dem Obrist Leutnant 150 Rthlr. Dazu sollten 280 Pfd. Rindfleisch,
drei Kälber, drei Hämmel oder Schafe, sechs Gänse oder Enten, 14 Hühner, 200
Eier und 20 Maß Butter und Wein, Bier und Gemüse geliefert werden, soviel
gefordert wurde. Eine Kompanie von dem Regiment des Herzogs von Holstein kam aus
dem Beilsteinischen gezogen und ließ sich auf der Durchreise zu Waldernbach 60
Thaler bezahlen. Von einer weiteren Plage ist im selben Jahr 1624 zu berichten.
Die Wölfe brachen scharenweise in die Schaf- und Schweineherden ein. Auch
Wallensteins Armeen setzten der Bevölkerung zu. Den gefürchteten Oberst Görzenich
konnte Johann Ludwig durch Geldzahlung von einem Durchzug durch die Grafschaft
abbringen. Nachfolgend bedrängten Sachsen-Lauenburgische Reiter die Bevölkerung
im Kirchspiel Lahr.
Bei Einquartierungen mussten die Bewohner hohe Summen an die Armee
leisten. Die Übergriffe der Soldaten nahmen zu. Die Bauern wehrten sich, als
die Ellarer Schafherde überfallen wurde, und erschossen einen Soldaten. 1624
wurden auf dem Herbstmarkt in Mengerskirchen ein Reiter erschossen und zwei
verwundet.
Johann Ludwig stellte sich vor seine Untertanen. Er bezog sich auf den
Kaiser und verlangte Gerechtigkeit: Wenn die Untertanen bestraft werden sollten,
dann aber auch die raubenden Soldaten.
Zwei Einwohner von Mengerskirchen, die Plünderungen verhindern wollten,
bezahlten mit ihrem Leben: der Seemüller und der Sohn des Schäfers.
Mit dem Erscheinen der Schweden erreichte die Kriegsnot ihren Höhepunkt.
1632 rückten elf Regimenter Kavallerie und 10 000 Fußsoldaten von Herborn aus
durch die Grafschaft Hadamar in Richtung Rhein. Wiederum blieb kein Dorf ohne Plünderung.
Auch Kirchen wurden erbrochen und beraubt.
In der Langendernbacher Chronik ist zu lesen: "Es waren die Jahre
1632 und 1633, in denen die Schweden in die Dörfer kamen, da hauste wieder
einmal die grausige Pest im Lande, zuerst in Waldernbach, dann hier in
Langendernbach: dort musste der Keller 11 Hausväter und hier 15 in seinen
Bedelisten streichen!" Für Waldernbach und Hangenmeilingen ist notiert,
dass sie "völlig ausgeplündert" und überall das „Mein und Dein
verwischt seien“.
1634 waren es Spanier, die in Mengerskirchen das Scheunenviertel
niederbrannten und anschließend in Waldernbach den Heimberger erschossen. Die
Bewohner der offenen Dörfer waren den unbarmherzigen Räubern schutzlos
preisgegeben. Wenn sie mit ihrer Habe nicht auch noch das Leben verlieren
wollten, blieb ihnen nur die Flucht in den Wald oder hinter Mauern in
Mengerskirchen oder Ellar. Der Landesausschuss war völlig machtlos gegenüber
der großen Zahl der Truppen. 1636 entstand Hungersnot. In Lahr brach wieder die
Pest aus. Hier muss der Jesuitenpater Rudger Hesselmann genannt werden, der tagsüber
unter unvorstellbaren Umständen die Kranken im Kirchspiel pflegte und nachts
die Toten beerdigte, bis er selbst 1637 an der Pest starb.
1640 erschienen erneut schwedische, 1646 kaiserliche Truppen, und
wiederum kam es zu Plünderungen und Brandschatzungen. Neben den Schäden, die
sie im Krieg erlitten hatten, mussten die Menschen weiter erhebliche Abgaben
bezahlen. Hohe Verschuldung war die Folge. Mag sich Johann Ludwig auch sehr für
seine Untertanen eingesetzt haben, mit seiner Bodenpolitik hat er nicht immer
eine rühmliche Rolle gespielt. Er nutzte die Notlage der Bauern aus und
rechnete beim Landkauf die Steuerschuld auf die Kaufsumme an. Auf diese Weise
verlor Waldernbach die "Waldmark". An diesem wertvollen Waldgebiet
hatten die Dörfer Ellar, Waldernbach, Hausen, Fussingen, Neunkirchen und
Mittelhofen Anteil. Am 27. Mai 1638 traten diese Gemeinden die Waldmark an den
Grafen Johann Ludwig zu Nassau-Hadamar ab gegen Erlass von insgesamt 1200
Reichstalern an Dienstgeld und Contribution.
Weiterhin hat Johann Ludwig in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges in
Waldernbach eine Wiese beim Mengerskirchener See erworben (1633) - wohl das Warm
Bad.
Johann Georg Strieder berichtet, dass für die Bezahlung von Rückständen
in unserem besten Wiesengrunde ein großer Distrikt abgeschätzt wurde und als
herrschaftliche Wiese angelegt werden sollte. "Nur auf fußfälliche Bitte
von Johann Schloß bei dem Fürst wurde dieses abgeändert und dagegen das Warm
Bad und Ländereien im Hundsköppel, der Morgen zu 13 fl., angenommen."
1641 kaufte Johann Ludwig die Schwarzenmühle bei Waldernbach.
1638 wurde Graf Johann Ludwig von Kaiser Ferdinand III. zum Kaiserlichen
Bevollmächtigten bei den beginnenden Friedensverhandlungen ernannt. Als die
Glocken 1648 mit dem Westfälischen Frieden das Ende der Not und des Grauens
einläuteten, da begann nur zögernd die Erholung. Waldernbach hatte 1612 34
Familien, 1679 29 Familien. 67 Jahre nach Kriegsende war demnach die
Einwohnerzahl von 1612 noch nicht erreicht.
_________________________________________________________________________________
Alle Rechte verbleiben bei den ursprünglichen Autoren (Norbert Gotthardt und Alois Becker).
Anmerkungen und Fußnoten konnten aus technischen Gründen
nicht genannt werden.